Unser Besuch im Cœur D’Artichaut
Eine köstliche Reise für die Sinne
*Werbung / unbezahlt
Nun lebe ich schon seit über drei Jahren in meiner neuen Heimat Münster und wenn ich euch sagen müsste, welche Dinge ich am meisten im Vergleich zu meiner tollen Zeit in Düsseldorf vermisse, dann ist das definitiv die sich ständig verändernde und tolle Restaurant-Szene. Ich war durch Düsseldorf gesegnet mit einer Vielzahl der unterschiedlichsten Restaurants, so dass es durchaus Abende gab, an denen ich mich nicht entscheiden konnte wo wir einen schönen und vor allem köstlichen Abend verbringen! Der pure Luxus, sich einfach nicht entscheiden zu können, denn die Auswahl war wirklich groß und ich muss sagen, die Düsseldorfer wussten zu genießen!
Ehrlich gesagt, hätte ich dies auch in Münster erwartet. Die gutbürgerlicher Küche ist durchaus zu finden und sie hat auf jeden Fall ihre Daseinsberechtigung. Jedoch bin ich immer wieder auf der Suche nach dem besonderen kulinarischen Erlebnis, ob wie in Kopenhagen (hier kommt ihr zu unserem Reisebericht), Lissabon, Berlin, Porto oder auch Kapstadt.
Ich mag das Neue, das Unerwartete und Überraschende bei einem Besuch im Restaurant. Ich liebe es neu inspiriert zu werden, auf andere Aromenkombinationen gebracht zu werden, nach einem Abend nach Hause zu gehen und vor neuen Ideen kaum schlafen zu können.
Und dieses Gefühl habe ich nun erstmals bei einem Restaurant in Münster und zwar dem Cœur D’Artichaut.
Avoir un Cœur D’Artichaut bedeutet übersetzt „Ein Herz wie ein Artischocke zu haben”. Es bezeichnet jemanden, der sich schnell verliebt und immer wieder aufs neue begeistert. Ich hätte meine Gefühle nach unserem ersten Besuch hier nicht besser zusammenfassen können, denn genauso ist es mir ergangen. Ein nachhaltig beeindruckendes Menü, eine perfekt abgestimmte Weinbegleitung, der beste Service und durch ein sympathisches Team ein rundum gelungener Abend, den ich mir nicht hätte perfekter ausmahlen können!
Die Philosophie des Cœur D’Artichaut
Elisabeth (Inhaberin) und Fréderic Morel (Inhaber und Küchenchef), sowie Pascal Hinkelammert (Sous Chef), Nils Halfpap (Serviceleitung) und Team machen das besonderes Restauranterlebnis im Cœur D’Artichaut vollkommen.
Fréderic Morel werden einige von euch sicherlich kennen. Geboren in der Bretagne wo er seine Ausbildung am Lycée Hotelier de Dinard machte, wechselte er 2008 in das Wyck Hill House in Snow-on-the-Wold. Anschließend wechselte er ins Lords Of The Manor zu Mattew Weedon, wo er bis 2010 blieb. Danach kam Fréderic Morel zurück in die Bretagne zu Olivier Bellin ins L’auberge Des Glazicks, welches damals zwei Michelin-Sterne hatte. Weitere Stationen waren das Restaurant Vendome im Grandhotel Schloss Bensberg, hier arbeitete er mit Joachim Wissler zusammen um dann ab März 2014 im Ein-Sterne-Restaurant Se7en oceans in Hamburg tätig zu sein. Dort begann er als Sous Chef und wurde kurze Zeit später Küchenchef und verteidigte seit November 2014 den Michelin-Stern. Eine beeindruckende Karriere, die zwangsläufig nach einem eigenen Restaurant und seiner ganz eigenen Interpretation seiner kulinarischen Wurzeln schreit.
Und so war es im Oktober 2019 soweit, das Cœur D’Artichaut öffnete in Münster seine Tore. Dies tat er zusammen mit seiner Frau Elisabeth Morel, die nämlich gebürtig aus Münster stammt und der wir wohl auch die Wahl des Standortes zu verdanken haben!
Die Location im Hofe des Alten Fischmarktes könnte passender nicht sein. Nahe des Prinzipalmarktes, also der Innenstadt Münsters, mit seinen ganz typischen Häuserfassenden, liegt das Cœur D’Artichaut. Durch die offene Küche, die runden Tische und das aufgelockerte Raumkonzept, wird dem Gast eine lockere „Wohnzimmer-Atmosphäre” vermittelt.
Dem Restaurant im Hof des Alten Fischmarktes liegt ein besonderes Konzept zugrunde: Die Gäste sitzen an Tischen unmittelbar um die offene Küche und lassen sich so in „Wohnzimmer-Atmosphäre“ bekochen. Die Köche bringen ihre fertigen Gerichte selbst zum Gast – so entsteht eine ganz besondere Interaktion und einzigartiges Erlebnis für den Restaurantbesucher. Serviert wird eine moderne Küche mit bretonischen, westfälischen und kreolischen Einflüssen. Die Produkte sind vorwiegend regional oder aus der Bretagne und von hervorragender Qualität. Viele Gewürze stammen aus dem kreolischen Raum. Der erfahrene Sternekoch möchte so seine bretonische Heimat mit den Einflüssen der kreolischen Küche verbinden, die sein Vater von seiner Heimat, der Insel La Réunion mitgebracht hat. „Ich wollte mich immer mit einem ganz offenen Casual-Fine-Dining-Konzept selbstständig machen und mich von den klassischen Gourmetrestaurants, in denen alles aus Silber und Kristall ist, unterscheiden“ so Morel.
Das Essen
Bereits der Prolog spiegelt unverkennbar die oben beschriebene Philiosphie wider. Mit der Mousse von der Buttermilch und im Salz gebackenen Fenchel, Fenchelpollen und ‑samen in Kombination mit Zitronenthymian startet unser sonntägliches Mittagsmenü. Hier fällt besonders der Texturenmix der einzelnen Elemente auf, denn diese Aromen verbinden sich wunderbar im Mund und machen Lust auf mehr.
Weiter geht es mit einer Praline die es uns schon bei unserem letzten Besuch angetan hatte. „Himmel & Erde” für viele von euch wird dies ein Begriff sein. Hier vereinen sich eine warme Praline aus Blutwurst und Kartoffel dazu Apfelgel, Majoran und Zwiebel. Man könnte sich förmlich hineinlegen.
Für mich steht und fällt der Besuch in einem ausgezeichneten Restaurant ja mit dem zum Menü gereichten Brot. Und hiervon gibt es im Cœur D’Artichaut sogar drei Varianten. Knuspriges Steinpilzbrot, ein Brötchen mit karamellisierten Zwiebeln und als drittes ein fluffiger Brioche Muffin mit Kartoffel und Speck. Wirklich ein toller Einstieg in das folgende Menü:
Prolog
1. Gang
Cotriade (bretonische Fischsuppe) Ι Aioli Ι Paprika
2. Gang
Norwegischer Skrei Ι Blumenkohl Ι Petersilie
3. Gang
Norwegische Jakosbmuschel Ι Lauch Ι Alge
4. Gang
Schwarzwurzel Ι Pilze Ι Haselnuss
5. Gang
Rind Ι Topinambur Ι Massalé
6. Gang
Ziegenkäse Ι Feige Ι Sauerklee
7. Gang
Eingelegte Kirsche Ι Fichtensprossen Ι Cheesecake
Epilog
Was mir bei allen Gängen auffällt sind die unterschiedlichsten Zutaten, in keinem Gang sind Wiederholungen zu erkennen. Und wie wunderbar vielseitig wird dadurch so eine Reise für den Gaumen.
Die Cotriade (bretonische Frischsuppe) als erster Gang des Menüs überzeugt durch ihre kräftigen Aromen in Kombination mit feinen Elementen wie einer knackigen Zucchini oder den jungen Blättern des Sellerie. Der Fischfond des Ganges sucht aromatisch seinesgleichen, kräftig und ausgewogen zugleich, wirklich ein Hochgenuss, dazu ein Doradenfilet und man ist selig.
Kräftige und charaktervolle Saucen sind meiner Meinung nach eines der Steckenpferde von Fréderic Morel. Die Algen-Beurre Blanc im zweiten Gang könnte passender nicht sein, zu conferiertem Lauch, der gefüllt ist mit Frischkäse in Kombination mit Algenspinat, Jakobsmuschel und Salicorn. Aber auch die Jus zum Rind und Topinambur, welche abgerundet wurde mit Massalé — einer Gewürzmischung der Insel La Réunion — ist von beeindruckender Komplexität und Dichte. Sie spiegelt ganz wunderbar die Aromenvielfalt der kreolischen Wurzeln Fréderic Morels wieder.
Aber die „Süßen” Gänge des Menüs möchte ich herausstellen: In immer mehr Restaurants halten kleine Käsegänge im Menü Einzug und dies macht für mich auf jeden Fall Sinn. In diesem Falle waren es Ziegenkäse gepaart mit Feige und Sauerklee ein tolles Entrée für das eigentliche Dessert, die eingelegten Kirschen mit Fichtensprossen und einem Chessecake. Den perfekten Crunch in diesem Gang gibt der Kekscrumble.
Der Signature Dish und zugleich ein Aromenfeuerwerk auf meinem Gaumen war der im Epilog enthaltene Gang mit Eukalyptusschaum, mit Paprika und Himbeere. Für viele liest sich dies nicht nach der einschlägigen Aromenkombination, jedoch sollte man sich dieses Zusammenspiel auf keinen Fall entgehen lassen! Die Paprika findet sich auf dem Teller in Form eines Sorbets, welches herrlich zum Eukalyptusbaiser und der getrockneten Himbeere passt, hier spielen auf jeden Fall die bewusst gewählten Texturen eine große Rolle und machen auch diesen Gang einfach perfekt. Die langanhaltende Frische des Eukalyptusschaums klingt noch wunderbar nach und lässt uns beschwingt und beglückt nach Hause gehen.
Die Weine bzw. die Getränkebegleitung
Die Weinbegleitung zum Menü ist äußerst passend und zugleich inspirierend, mit einem Hauch Avantgarde. Sie bietet den wunderbaren Gerichten eine weitere Bühne und öffnet dem vinophilen Besucher ganz sicher neue Geschmackshorizonte.
Die Cotriade begleitete ein Chardonnay von der Loire (2015 Chardonnay Aurore, Chateau du Coing ). Ein ungewöhnlicher Chardonnay mit der zwar typischen Aromatik (Apfel, reife Stachelbeere und Quitte) aber gepaart mit einer tollen Mineralität und Salzigkeit in einem langen Finale. Diese tolle Spannung im Wein spiegelt die Fischsuppe gepaart mit den erdigen Aromen des Gemüses perfekt wider.
Eine Besonderheit in der Weinbegleitung des Cœur D’Artichaut hat uns schon beim ersten Besuch begeistert. Zu zwei Gängen servieren Fréderic Morel und sein Team ein und denselben Wein verbunden mit dem Hinweis für den zweiten Gang genug davon im Glas zu lassen. Einen guten und komplexen Wein vorausgesetzt, verändert dieser durch die steigende Temperatur und den Luftkontakt seine Aromatik deutlich. Wenn dies dann der Harmonie zweier verschiedener Gerichte entspricht, ist dies ein Hochgenuss und sicher für viele Besucher eine Neuentdeckung. Zu den zwei Fischgängen mit den norwegischen Produkten Skrei und Jakobsmuschel als jeweilige Hauptakteure, servierte uns das Team einen 2014er Riesling (trocken — 3g Restzucker) aus der Lage Ürziger Würzgarten vom Weingut Mönchhof. Wer diese extreme Steillage an der Mosel kennt, der erwartet schon viel Druck und zupackende Mineralität von alten Reben und wird hier wahrlich nicht enttäuscht. In der Nase Apfel, Birne und eine feine Zitrusnote. Am Gaumen eine tänzelnde Mineralität und tolles Säurespiel (8g Säure), Salz und Kräuter gepaart mit einer schönen von Apfelaromen dominierten Frucht. Die Säure harmoniert wunderbar mit dem Skrei, der mit Zitronenzesten garniert die Spannung und den enormen Trinkfluss des Weins perfekt spiegelt.
Mit etwas Zeit wird der Wein noch runder und die Säure ist stärker in das Geschmacksbild eingebunden und die fruchtigen Aromen kommen etwas stärker zur Geltung. Das passt ganz wunderbar zu dem umami-artigen Geschmack von Jakobsmuschel und Alge.
Zum vegetarischen Gang (Schwarzwurzel | Pilze | Haselnuss) wird ein süffiges und zugleich ausdruckstarkes Craft-Bier von Philipp Overberg (Gruthaus-Brauerei) serviert, das Gold Hafer Triple. Es ist kräftig (10% Alkohol) und komplex, gleichzeitig aber auch fruchtig mit einer ganz feinen Hefenote. Das passt wirklich wunderbar zur Schwarzwurzel und den feinen erdigen Aromen von Haselnuss und Pilzen.
Gespannt haben wir auf die Weinbegleitung zum perfekt gegarten Rind gewartet. Ein reinsortiger Syrah (2016) des Weinguts Ferraton Père & Fils. In der Nase zunächst die syrah-typischen Aromen von Oliventapenade die abgelöst werden von einer wahren Kirschsinfonie. Am Gaumen Aromen von Weichselkirsche und Schattenmorelle eingebettet im schwarze Olive und etwas kräutriges, vielleicht Rosmarin. Der Wein ist fein und präzise bei einer umwerfenden Frucht und passt wunderbar zum Rind und der kreolischen Gewürzkomposition in der Jus.
Zu den „süßen Gängen” wurde ein Brachetto D”Aqcui (2018) vom Weingut Braida di Giacomo Bologna serviert. Dieser rote Dessertwein überrascht durch eine feine Perlage und ein fruchtiges und florales Bouquet von Walderdbeeren mit einer zarten herben Note. Das passt ganz wunderbar zum Ziegenkäse und zu den Aromen von Kirsche und Fichtensprossen im zweiten Dessertgang.
Den fulminanten Abschluss der Weinbegleitung haben wir uns diesmal nicht gegönnt (es war ja ein Sonntag-Nachmittag) aber bei unserem ersten Besuch war es eine wahre Freude sich von Fréderic Morel die ausgewählten Spirituosen vom Barwagen vorstellen zu lassen. Wir haben uns damals für den „Ron Papa” entschieden und diesen Tipp wollen wir euch hier nicht vorenthalten. Es handelt sich dabei um einen fantastischen Rum von der Île de la Réunion, den Fréderic persönlich mit kreolischen Gewürzen aromatisiert hat und der mit den Erzählungen zu der Heimat seines Vaters noch ein bisschen besser gemundet hat — Der perfekte Abschluss für eine fantastische kulinarische Reise.
Fazit
Das Cœur D’Artichaut ist ein Restaurant in Münster, welches seinesgleichen sucht. Nicht nur die Gastgeber Elisabeth und Fréderic Morel sondern das gesamte Team sind authentisch und so wunderbar nahbar. Dies rundet auch die bewusst gewählte puristische Einrichtung und das offene Raumkonzept ab.
Man kann sich also tatsächlich mit all seinen Sinnen für ein paar Stunden fallen lassen und ganz bewusst genießen. Besonders herausheben möchte ich die Gastfreundlichkeit des Teams bei dieser Genussreise, denn viele der Gänge werden höchstpersönlich von Fréderic More oder auch Pascal Hinkelammert (Sous Chef) an den Tisch gebracht, die sich die nötige Zeit nehmen alle Gänge ausführlich mit ihrer Idee, der Zubereitung und der entsprechenden Geschichte dem Gast näherzubringen. Aber auch Elisabeth Morel und Nils Halfpap tun dies zum Beispiel im Rahmen der exzellent abgestimmte Getränkebegleitung.
Niemand wirkt hier gehetzt oder unruhig, alles ist wunderbar vorbereitet und vor den Augen aller Gäste wird jedem Gang der letzte Schliff am Pass zuteil. Diese Art des Beobachters macht diese Genussreise aus meiner Sicht ebenfalls besonders. Ein Besuch im Cœur D’Artichaut möchte ich aus diesem Grund nicht nur jedem Münsteraner sondern auch allen anderen ans Herz legen, die es sich zwischen all dem Alltagsstress einmal gut gehenlassen möchten. Um das Konzept einnmal kennenzulernen bietet sich meiner Meinung nach das sonntägliche Mittagsmenü hervorragend an.
Das Cœur D’Artichaut ist das, was der lebenswertesten Stadt der Welt noch zum (meinem) Glück gefehlt hat — und mit Sicherheit ist das der (Michelin-) Stern an Münsters Gastro-Himmel.
Und hier noch die Adresse: